Unter dem Motto „In bester Gesellschaft“ fand am ersten Septemberwochenende 2014 die zweite Auflage des DENKFIGUREN Philosophie-Festivals statt. In zahlreichen Vorträgen und Workshops wurden
Grundgedanken unseres Zusammenlebens unter die Lupe genommen. Ergänzend dazu wurde beim korrespondierenden Literaturprogramm das Zusammenspiel von Philosophie und Poesie ausgelotet.
Das Veranstaltungsteam führte im Vorfeld des Festivals ein Gespräch mit DRESDNER-Autorin Annett Groh:
Warum bezeichnet Ihr die Veranstaltung als Festival und nicht als Symposium, Konferenz oder Tagung?
Cornelia Walter: Festival klingt nach Spaß!
Magnus Hecht: Es sollte leicht klingen und eben kein akademischer Austausch sein. Vielmehr ist der Grundgedanke davon geprägt, dass Wissenschaftler und Publikum einander begegnen. Die Idee ist inspiriert vom Philosophie-Festival in Modena (Italien).
Jörg Stübung: Die Veranstaltung ist dem Bereich des Infotainment zuzuordnen, denn es geht um Information und Unterhaltung. Dieses Festival ist sozusagen eine Mischform.
Die Themen für 2014 sind Recht, Gesetz, Privateigentum, Hegel, Habermas & Polis. Was macht Themen wie Polis und Hegel attraktiv für den Laien?
Jörg Stübing: Es geht um die Kernbegriffe unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Philosophie heißt, aus schon eroberten Wissensgebieten das vorhandene Wissen wieder verfügbar zu machen und in aktuelle Zusammenhänge zu stellen. Genau darum gibt es dieses Festival. Und gerade Hegel ist im Hinblick auf unsere Gesellschaft und unseren Begriff des Rechts ein ganz aktueller Philosoph. Aber das wissen die Wenigsten. Wir können auch die Antike fruchtbar machen, denn da ging es ebenso um Mitbestimmung, Emanzipation, Selbstentfaltung und die Grenze zwischen Allgemeinnutzen und Eigennutz. Es gibt auch keine Laien, denn all diese Themen sind existenzieller Natur und gehen daher jeden an. Wir gehen auf alltägliche Probleme mit philosophischen Methoden ein und nähern uns dabei stets auf vernünftige Weise.
2012 fand die erste Veranstaltung statt. Im Rückblick: welche besonderen Momente und Höhepunkte gab es?
Cornelia Walter: Ein besonderer Moment war für mich, als am Freitagnachmittag so viele Leute kamen. Ebenso die abendlichen Momente, als das Licht durch die bunten Flaschen fiel, mit denen das Philosoforum (die große Außenbühne) gestaltet war und das Publikum – das im übrigen extrem durchmischt war – so konzentriert den Vorträgen gelauscht hat.
Thomas Natzschka: Ich fand es wunderbar, als nach den Debatten die Diskussionen auf dem Gelände weitergingen und die Referenten, umringt von einer Traube von Interessierten, weiter diskutierten. Dort wurde deutlich, dass Philosophie eine Diskussionskultur ist.
Magnus Hecht: Ich fand es spannend, dass es auch spontane „Laufkundschaft“ gab. Also Leute, die in der Neustadt unterwegs waren und dann bei uns einbogen und blieben. Zusätzlich gab es aber auch Besucher, die von weit her angereist waren. So kamen 2012 knapp 700 Besucher zustande. Eine Zahl, von der wir uns wünschen, sie auch in diesem Jahr wieder zu erreichen.
Jörg Stübing: Ich fand die Exkursion auch erwähnenswert, die nach Rammenau führte, Johann Gottlieb Fichtes Geburtsort.
2013 musste das Festival abgesagt werden, weil die Finanzierung nicht gesichert und ein Geldgeber ausgefallen war. Wieviel kostet die Veranstaltung?
Cornelia Walter: Kulturförderung ist nie eine sichere Bank. Im letzten Jahr hat es eben einfach nicht geklappt. Und dieses Jahr klappt es wieder. Wir wissen aber auch, dass wir in einer großen Konkurrenz stehen.
Thomas Natzschka: Es gab ja einen Reigen an Einzelveranstaltungen und Kooperationen in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres, bei dem ebenfalls viel vom Geist des Philosophie-Festivals versprüht und das diesjährige Festival vorbereitet wurde.
Cornelia Walter: Wieviel das Festival kostet, lässt sich schlecht beantworten, denn es gibt so viel ehrenamtliche Arbeit, dass sich die Summe in keiner Weise beziffern lässt.
Da vermutlich kein Gewinn für die Organisatoren zu erwarten ist – wo liegt die Motivation, eine Veranstaltung wie diese zu organisieren?
Magnus Hecht: Erkenntnisgewinn!
Jörg Stübing: Wir halten das Gehirn für eine erogene Zone.
Cornelia Walter: Unsere Streitereien um das Programm machen einfach Spaß! Und es ist schön, mit anderen Leuten etwas zu gestalten, das es so noch nicht gibt.
Magnus Hecht: Schlussendlich wollen wir die Strukturen der Gesellschaft, in der wir leben, verstehen …
Jörg Stübing: … und natürlich auch verändern.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
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erschienen im DRESDNER Kulturmagazin 09/2014