ich tanze nicht
doch in gedanken schon
ich wünschte
meine beine meine arme
gehorchten meinem willen
und schwebten
wie weiden oder birkenzweige
die bilder würden töne
die worte wind und nur ein fluß
zwischen gerade und eben
und all die steine werden zu kieseln
und all die kiesel werden zu sand
mein willen gehorcht
meinen armen meinen beinen
die fließen zwischen jetzt und gleich
und nichts bleibt als

der feste block
gemeißelt geschrieben
hier stehe ich


[2015-06-14 17:20:20]

Broken German

Beim Bachmannpreis twitterte Jurymitglied Klaus Kastberger eine Topliste der besten ersten Sätze. Als Tomer Gardi mit seiner Lesung noch nicht begonnen hatte, stand da schon sein erster Satz: „Am Ende diese Flug verlieren ich und meine Mutter unseren Koffern.“ Grammatikalisch völlig indiskutabel, zumal beim Hochamt der Deutschen Literatur. Ich vermutete einen fehlerhaften Tweet, zu eilig abgesetzt.

Und dann saß der Autor da und las den Satz, genauso. Und alle Sätze, die folgten, waren ebenso fehlerhaft. Grammatikalisch, phonetisch … Und er saß da und las und lächelte dazu, und die Fehler waren ihm offensichtlich völlig egal.

Ein jüdischer Schwejk vielleicht? Wie er von der Konfrontation mit Polizisten erzählt:

„Im Bullenstation, immer besser leiser zu sein. Bis eure Anwahlt kommt. Nichts sagen. – Meine eigene Weisheit und Wissen konnte ich da aber selber nicht folgen. Also, konnte vielleicht schon, hab aber nicht.“

Oder die Erzählung über den gestohlenen Auschwitz-Schriftzug und die Wiederauffindung desselben in Schweden:

„Jetzt ist alles vorbei. Sind alle Froh. Die Dieben erwischt. Das Schriftzug auch. Und jetzt, was jetzt? Was tuhen die jetzt? Schild wieder hängen?“

Große Liebe.

»Weiterdiskutieren, auch wenn es wehtut!« – Interview mit Antje Hermenau

In einer Demokratie hat man immer das Recht, anderer Meinung zu sein

Seit ihrem Bruch mit den Grünen arbeitet Antje Hermenau als Beauftragte des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft in Sachsen und als strategische Beraterin für Wirtschaft, Politik und Finanzen. Letztes Jahr brachte sie ihre Streitschrift »Die Zukunft wird anders« heraus – ein Gesprächsangebot, um die politische Debattenkultur wiederzubeleben. Ich befragte die frühere Spitzenpolitikerin zu den Möglichkeiten des politischen Diskurses heute.→ weiterlesen

Vorhaben

Jaromir Konecny hatte sich vor einiger Zeit vorgenommen, jeden Tag eine kleine Notiz mit einer lustigen Pointe zu schreiben. Seit Tagen grübele ich darüber nach, wie ich es ihm gleichtun könnte. Wenn nicht lustig, so doch wenigstens gut und schön. Um diesen Dingen, die schön und gut sind, Raum zu geben. Und sich nicht auf Bilder von Blumen und Schmetterlingen zu beschränken. Und mir fällt nicht viel ein. Ja, es gibt diese Momente: wenn meine Kinder etwas Komisches oder Liebes sagen, oder wenn unbeschreibliche Wolkenformationen am Himmel stehen; es gibt das Sommerabendlicht und den Geruch von Regen. Doch das sind Dinge, die entweder zu persönlich sind oder nicht über den Moment hinausreichen.

Jaromir Konecny schreibt seine lustigen Geschichten – vielleicht nicht jeden Tag, und manchmal zeugt die Pointe auch nur von dem Galgenhumor, der notwendig ist, dieses Projekt umzusetzen.