»24 Wochen« – Worin liegt das kleinere Opfer?

24 Wochen

»24 Wochen« ist ein radikales Drama um die Spätabtreibung eines behinderten Kindes

In den USA müsste dieser Film vermutlich mit einer Triggerwarnung versehen werden, dabei klingt der Inhalt auf den ersten Blick harmlos: Astrid (Julia Jentsch) und Markus (Bjarne Mädel) sind im Beruf erfolgreich – sie als beliebte Kabarettistin, er als ihr Manager – und freuen sich mit ihrer neunjährigen Tochter auf das lang erwartete Brüderchen. Bei einer Routineuntersuchung erfahren sie, dass ihr zweites Kind Kennzeichen für Trisomie 21 trägt. Sie entscheiden sich gegen einen Abbruch und beginnen, sich auf ein Leben mit einem behinderten Kind vorzubereiten. Doch ihr Entschluss gerät ins Wanken, als eine weitere Untersuchung ergibt, dass das Kind zusätzlich einen schweren Herzfehler hat.
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Aufs Maul?

Aufs Maul? Das ist doch keine Ausdrucksweise! Ich habe mir die Videos aus Bautzen angeschaut, und ich habe den Aufruhr in den Gesichtern gesehen, die Panik in den Stimmen gehört. Mancher mag darin Haß erkennen. Ihr Haß unterscheidet sich jedoch in nichts von dem Haß anderer. Sie sind nicht besonders böse oder schlecht.

Und die rechtsextremen Bilder und Texte auf Twitter und Facebook? Vielleicht prallen hier nur Welten aufeinander, wie zwischen den Anhängern der Homöopathie und rational denkenden Menschen, wie zwischen Juden und Moslems in Frankreich oder Israel/Palästina, wie zwischen Katholiken und Protestanten im Nordirland der 80er Jahre. Müssen wir noch weiter zurückgehen? Die 20er Jahre in Deutschland. Jeder malt seinen eigenen Teufel an die Wand.

Durchatmen. Ich rufe mich immer wieder selbst zur Ordnung, um mich nicht mitreißen zu lassen. Wenn das Herz zu klopfen beginnt, wenn ich das Gefühl habe, jetzt unbedingt irgendwo im Netz widersprechen und „klarstellen“ zu müssen … wie oft habe ich schon einen bereits geschriebenen Facebook-Kommentar wieder gelöscht. Und mich hinterher besser gefühlt. Wenn das Herz zu klopfen beginnt, macht der Verstand Pause.

Rinks und lechts

So hitzig, die Stimmung. Hin und wieder glaube ich, tatsächlich Stellung beziehen zu müssen. Doch es gibt keinen Schützengraben, der etwas taugt. Weder der eine, in dem die Stimmen „Schande für Deutschland!“ und „Toleranz!“ rufen – noch der andere, in dem „Schande für Deutschland!“ geschrieen wird und anderes mehr, was bei Lichte oder kühlem Verstande betrachtet keiner wollen kann.

Die besorgten Bürger gibt es auf beiden Seiten, das ist kein Alleinstellungsmerkmal irgend einer Gruppe. „Gutmensch“ will ja auch keiner wirklich sein, oder? Das ist doch eine Beleidigung, und wenn diese Bezeichnung sich jemand zu eigen macht, dann nur in ironischem Sinne oder aus Trotz – so wie sich die Heidenauer als „Pack“ bezeichneten. Und so verstehe ich auch die Eigenbenennung von Bautzen als „Nazikiez“: „Schaut her, wir sind alle Nazis, und jetzt laßt uns in Ruhe, sonst kriegt Ihr aufs Maul.“